Sonntag, 26. Oktober 2008

Streetview-Hickhack

Eben gerade habe ich (wie üblich beim Abwaschen) die aktuelle Folge des Podcasts des Computer Club 2 gehört und auch wenn ich hier schon öfter eine Lanze für den Datenschutz gebrochen habe, so möchte ich in diesem Fall dem Beitrag zu Google widersprechen.

Während die Mehrheit der deutschen Bevölkerung fast gar kein Datenschutzempfinden zu haben scheint und ich offenbar zu den wenigen gehöre, die über keine Punktesammelkarte verfügen (jedenfalls kommt es mir immer so vor, wenn ich an der Kasse nach einer solchen Karte gefragt werde), stürzen sich manche andere Menschen in genau das andere Extrem und entwickeln eine regelrechte Paranoia.

Ich finde Google Streetview durchaus sinnvoll, denn man hat so die Chance, Reisen effizienter zu planen und sich schon im Vorfeld einen Überblick über Parkmöglichkeiten und Engstellen (wenn man mal mit einem größeren Transporter oder mit Anhänger unterwegs ist) zu verschaffen.

Was ist dabei, solange Google nur auf öffentlichen Straßen filmt und Gesichter und Autokennzeichen unkenntlich gemacht werden?

Das Argument, dass Verbrecher damit ihre Beutezüge planen könnten, halte ich für abwegig, denn dafür braucht man kein Google Streetview. Dafür muss man nur einmal mit dem Auto durch das entsprechende Wohngebiet fahren und hat einen viel besseren Eindruck davon, wo es etwas zu holen geben könnte und wo jemand zu Hause ist, als ihn die statischen Streetview-Bilder jemals geben könnten.

Man kann Streetview aber auch als Waffe gegen die Verbrecher einsetzen: Zum Beispiel beim Kauf über eBay. Gibt es an der vom Verkäufer angegebenen Adresse überhaupt eine Firma oder steht da nur ein einsamer Briefkasten auf der Kuhwiese?

Natürlich können sich auch Versicherungsunternehmen und Kreditgeber einen Überblick über den Wohlstand oder die heruntergekommenen Verhältnisse eines Kunden machen, aber auch das ist ohne Streetview kein Problem, denn entsprechende Scoring-Datenbanken gibt es schon lange.

Solange sich Google an die Spielregeln hält, sind ihre Aufnahmen nach deutschem Recht nicht illegal, daher versuchen nun manche Kommunen wie die Gemeinde Molfsee bei Kiel, Google mit Tricks wie einer Straßensondernutzungsgenehmigung das Leben schwer zu machen. Wenn die Google-Wagen tatsächlich so langsam fahren, dass sich hinter ihnen lange Staus bilden, ist ein Verbot der Aufnahmen sicherlich wirklich sinnvoll, aber dann nicht wegen der Fotos, sondern weil sie den Verkehr blockieren. Dann muss sich Google einen Weg einfallen lassen, wie sich die Aufnahmen beschleunigen lassen.


Der zweite Aufreger war das im gleichen Beitrag genannte Urteil des Landgerichts Hamburg, in dem Google das Erstellen von Miniaturansichten für die Bildersuche verboten worden war. Warum sind die Kläger nicht einfach froh, dass ihre Bilder in der Bildersuche auftauchen und daher gefunden werden können? Nur so können sie auch etwas verkaufen.

Wenn keine Bilder bei den Suchergebnissen auftauchen dürfen, dürfen bald auch keine Textauszüge mehr angezeigt werden, denn auch die können geschützte Marken, urheberrechtlich geschützte Textpassagen oder andere juristische Tretminen enthalten. Was nützt aber ein Internet, das zwar voller nützlicher Informationen ist, man diese Informationen mangels Suchmaschinen jedoch nicht mehr auffinden kann?

Immerhin scheinen sich auch die Richter der Nebenwirkungen ihres Urteils bewusst zu sein und verweisen auf den Gesetzgeber, der ihnen bei der Urteilsfindung wenig Spielraum gelassen habe. Ob das stimmt, vermag ich als juristischer Laie nicht zu beurteilen. Fest steht jedoch, dass das Urteil an den Grundpfeilern des Internets rüttelt.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich finde es bisweilen ja erstaunlich, wie unkritisch einige Menschen werden, wenn nicht der Staat sondern private Unternehmen Maßnahmen durchführen, die man ruhigen Gewissens in die Koste namens "Überwachungswahn" packen kann. Wie wäre es, wenn statt lustigen Google-Autos Dienstwagen vom BKA durch die Straßen führen um die Straßen zu kartografieren. Beispielsweise, um Polizeieinsätze besser zu planen etc.? Ich denke, es würden 20.000 neue Schäublonen die Wände verschmutzen.

An Google Streetview seh ich konkret auch wenig bedenkliches. Deinen Contra-Argumenten würde ich nur hinzufügen, dass die Unkenntlichmachung von Personen etc. automatisiert geschieht und die Technik zur Gesichtserkennung nicht ganz so 100%ig läuft. Aber deswegen bricht die Welt nicht zusammen.

Die Kernfrage bleibt, welche Welt da gebaut wird. Ob staatlich oder privat ist einerlei: Wir bauen gerade Netzwerke auf, mit denen sich die kühnsten Visionen eines George Orwell umsetzen ließen. Es muss nur der politische Wille vorhanden sein.

Anderseits ist diese Welt auch sehr bequem. Ich brauch den Schreibtisch nicht mehr verlassen, um sie zu bestaunen.

pcxHB hat gesagt…

Ich denke, das BKA wird durchaus Daten sammeln, um in besonders gefährdeten Bereichen Einsätze planen zu können (allerdings auf andere Weise als Google). Und bei den richtig gefährdeten Orten wird nicht nur geplant, sondern auch regelmäßig vor Ort geübt.

Wie Google die Personen unkenntlich macht, ist ja letztlich deren Problem. Automatisiert wird das in der Tat nicht zu 100% gelingen. Aber solange sie für jeden Fehler eins auf den Sack kriegen (sprich verklagt werden), werden sie schon einen Punkt finden, an dem Kosten und Nutzen im richtigen Verhältnis stehen.

Es ist halt alles eine Frage der Ansprüche. Viele Leute fluchen zum Beispiel darüber, dass moderne Autos mit Elektronik vollgestopft wären und diese ständig kaputt gehen würde, früher habe es ja auch alles einfacher und weniger störanfällig funktioniert.

Früher gab es allerdings auch noch keine so großen Anforderungen an Sparsamkeit und Emissionsbegrenzung.

Die Welt wird immer komplexer und was Schüler heutzutage alles lernen müssen ist eigentlich der totale Wahnsinn. (Die Lehrpläne müssten mal dringend entrümpelt werden.)

Ohne moderne Datennetze ist der moderne Mensch ziemlich verloren.