Gestern habe ich mal in meine Aufnahme von "Bauerfeind" reingeguckt, der neuen Sendung von Ex-Ehrensenf-Moderatorin Katrin Bauerfeind, die auch schon als Polylux-Nachfolge gehandelt wird.
Der erste Beitrag der Sendung war ein Bericht über Twitter, den ich nicht besonders gelungen fand. Zum Schluss wurde mir zu sehr die Exhibitionismus-Schiene geritten und der Untergang der "guten bürgerlichen Privatheit" beklagt.
Dem möchte ich entschieden widersprechen. Bloggern und Twitter-Benutzern ist ihre Privatssphäre nicht egal und Begriffe wie "Selbst-Stasiisierung" sind völlig fehl am Platz.
"Datenschutz" bedeutet, dass man sensible Daten schützt, die in den falschen Händen großen Schaden anrichten können. "Datenschutz" bedeutet jedoch nicht, dass man überhaupt nicht mehr oder nur noch über Belanglosigkeiten kommunizieren darf. Wenn der im Beitrag gezeigte Bruder Paulus darüber berichtet, dass er Sennesblätter-Tee als Abführmittel zum Heilfasten getrunken habe, kann man sich sicherlich die Frage stellen, ob man dies wirklich wissen möchte.
Zweifellos kratzt ein so tiefer Einblick in die Religionsausübung eines Mönches auch an alten Tabus, nach denen man über solche Dinge nicht spricht. Mit Datenschutz oder Stasi hat das allerdings herzlich wenig zu tun, denn dieses Statement ist viel zu belanglos, um irgendwelchen Schaden anrichten zu können.
(Dennoch sollte man sich der Gefahren bewusst sein und sich vorher Gedanken machen, welche Informationen man guten Gewissens veröffentlichen kann - genauso wie man generell vorher nachdenken sollte, bevor man den Mund aufmacht und sich vielleicht um Kopf und Kragen redet.)
Ich finde es einfach ehrlich darüber zu schreiben. Es beweist den Mut, sich so zu zeigen, wie man wirklich ist und wer es nicht wissen will, muss es ja nicht lesen.
Wenn die klassische gutbürgerliche Tradition darin besteht, eine Maske zu tragen und sich mit Statussymbolen zu profilieren, dann ist mir der Twitter-Exhibitionismus deutlich lieber... er ist ehrlicher.
Bei der Diskussion über den Sinn und Unsinn von Twitter muss man natürlich auch immer im Hinterkopf behalten, dass Twitter nur ein (Transport-)Medium ist. Die transportieren Inhalte stammen von den Nutzern und die sind so verschieden, wie Menschen nur sein können.
Es ist sicherlich sinnlos, jeden Toilettengang öffentlich kundzutun, denn das langweilt die Leser höchstens. Sinn von Twitter ist schließlich nicht, sich gegenseitig in Banalitäten zu ersticken, sondern den Kontakt zu halten, sich nicht aus den Augen zu verlieren und aus dem Leben eines anderen positive Denkanstöße für das eigene Leben zu erhalten.
Für ein Magazin, das unten eine "Menüleiste" mit Buttons und Mauszeiger einblendet und damit eine gewisse Medienaffinität vor sich herträgt, finde ich den Twitterbeitrag zu einseitig recherchiert und zu konservativ.
Zu den anderen Beiträgen der Sendung kann ich nicht viel sagen, da ich sie langweilig fand und nur im Schnelldurchlauf angeguckt habe.
Ich werde mal schauen, wie sich "Bauerfeind" entwickelt. Bisher sehe ich das Magazin mehr als Fortsetzung von Ehrensenf denn von Polylux und mit Ehrensenf bin ich irgendwie nie so richtig warm geworden.
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