Freitag, 6. April 2007

Tanzverbot

Während es Länder gibt, in denen Religion und Strafrecht eng miteinander verwoben sind, ist dies in Deutschland zum Glück nicht der Fall. Dachte ich zumindest.

In der Realität gibt es das von Landesgesetzen geregelte so genannte Tanzverbot, das an bestimmten stillen Feiertagen wie u.a. dem heutigen Karfreitag Spaßveranstaltungen wie Diskobetrieb oder Sportveranstaltungen unter Strafe stellt. Auf der Homepage meiner niedersächsischen(!) 'Stammdisko' heißt es dazu im Programmheft: "Einlass wegen Karfreitag erst ab 23 Uhr, Musik ab 24 Uhr!". Auf den Tanzflächen mancher anderer Diskotheken sollen sogar schon Sofas aufgestellt worden sein.

Die Süddeutsche Zeitung stellt in ihrem exzellentem Kommentar die berechtigte Frage, was wohl passieren würde, wenn die in Deutschland lebenden Muslime ähnliche gesetzliche Regeln für ihren Fastenmonat Ramadan fordern würden.

Ich möchte hiermit dafür eintreten, sämtliche religiösen Belange aus der Gesetzgebung herauszuhalten: Auch die Religionsfreiheit hört, wie jede Freiheit, dort auf, wo die Freiheit eines anderen beginnt. Und auch Menschen, die am 24.12. geboren sind, haben das Recht, an ihrem Geburtstag Abends richtig einen drauf machen zu dürfen.

Mein ehemaliger Religionslehrer sagte einmal sinngemäß, der Mensch sei unheilbar religiös. Wenn ich auch mit seinem Unterricht sonst wenig anfangen konnte, zumindest in dem Aspekt scheint er recht zu haben: Wie ein Computer ein Betriebssystem zum Funktionieren braucht, so braucht der Mensch eine Weltanschauung, die ihn durch das Leben führt und ihm die Welt begreifbar macht. Genauso wie beim Computer funktioniert das auch beim Menschen mal besser und mal schlechter und jeder Mensch geht damit anders um. Während sich die einen ein individuelles System nach Maß zusammenstellen, bevorzugen andere eine Fix-und-fertig-Lösung. Oder wie es der Religionskritiker Karlheinz Deschner ein wenig boshaft ausdrückte: "Religionen sind Fertighäuser für arme Seelen."

Es ist nichts grundsätzlich schlechtes, wenn sich Menschen Dinge suchen, die ihnen im Alltag Halt geben. Und solange am "Wort zum Sonntag" festgehalten wird, sollte es genauso ein "Islamforum zum Freitag" geben dürfen.

Problematisch werden Religionen dann, wenn sie einen Exlusivitätsanspruch erheben und andersgläubigen Menschen ihre Regeln aufzwingen wollen. Das muss nicht unbedingt gleich ein Gottesstaat sein, auch ein Tanzverbot ist ein Schritt in diese Richtung.

Herbert Grönemeyer singt in "Stück vom Himmel"
"Da ist nicht eine hehre Lehre
Kein Gott hat klüger gedacht"
und hat damit zweifellos recht. Überheblichkeit ist also auf keiner Seite angebracht, auch wenn der Mensch -neben der bereits angesprochenen Religiosität- wohl auch zur Selbsterhöhung neigt. Telepolis brachte dazu letzten Monat einen Artikel mit dem Titel "Von der aufgeklärten Intoleranz zum pauschalen Hass" heraus, der besonders auf seiner zweiten Seite anschaulich vor Augen führt, wie leicht Überheblichkeit zum Bumerang wird und man selbst in Verhaltensweisen abdriftet, die man gerade noch jemand anders vorgeworfen hat.

Ich persönlich sehe meine Freiheit im Moment jedenfalls weniger durch einen Gottesstaat als durch die von den Kreuzrittern der Gegenbewegung verursachten Kollateralschäden in Gefahr.

Burkhard Hirsch schreibt in einem Gastbeitrag in der süddeutschen Zeitung:
"Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble will die Rechtsordnung dieses Landes verteidigen, indem er sie abschafft. Dabei sind Bürgerrechte kein lästiger Bremsklotz, sondern der Kern der deutschen Rechtsordnung." (Quelle)
Auch den letzten drei Absätzen des Beitrags möchte ich zustimmen, diese sind allerdings etwas zu lang um sie hier komplett zu zitieren.

In diesem Sinne noch einen schönen Feiertag!

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